Die Villa Rothschild 

Villa Rothschild Bad Soden am Taunus

Die Villa Rothschild, am Alten Kurpark gelegen, wurde um 1904 von dem Lungenfacharzt Dr. David Rothschild (1875–1936) erbaut. Sein Hauptanliegen war – neben der Verbesserung der Kurqualität in Soden – die Bekämpfung der Lungentuberkulose, worüber er zahlreiche Schriften veröffentlichte. In dem heute als Trausaal genutzten Nebenhaus richtete er Behandlungsräume mit einem „Röntgen-Institut“ ein. Die Gebäude und die Anlage weisen – auch heute noch gut erkennbar - Merkmale des Jugendstils auf.

Nach dem Zweiten Weltkrieg diente die Villa zeitweise als Sitz der Kurverwaltung; heute befindet sie sich in Privatbesitz. 1919/20 zog Dr. Rothschild mit seiner Familie nach Frankfurt am Main, wo er mehrere Jahre die Lungenstation des Garnisonslazaretts leitete. Von 1925 bis 1928 war er Vorsitzender des FSV Frankfurt. Während eines Besuchs bei seiner Tochter in Stockholm starb Dr. Rothschild 1936 an einem Herzinfarkt und wurde auf dem dortigen Jüdischen Friedhof beigesetzt. 

Dr. med. David Rothschild, 1875–1936

Im Deutschen Kaiserreich war der praktizierende Arzt Dr. David Rothschild, geboren am 30. März 1875 in Frankfurt am Main, einer der prominentesten Bürger von Soden am Taunus. Er war eines der sieben Kindern des Kaufmanns Wilhelm Rothschild (1836–1906), des Inhabers der Frankfurter Handlungsfirma J. Adler jr., und dessen Ehefrau Stella, geb. Schott (1840–1926), einer Schriftstellerin und Publizistin. Die Familie ist nicht mit den gleichnamigen Frankfurter Bankiers verwandt. Medizin hatte David Rothschild 1893 bis 1898 in Heidelberg und Gießen studiert sowie in Würzburg, wo er Lehrveranstaltungen u.a. von Wilhelm Conrad Röntgen und Theodor Heinrich Boveri besuchte. Sein Doktorvater war der international bedeutende Bakteriologe und Hygieniker Karl Bernhard Lehmann.

Nach einem Engagement als Assistent an der Universitätsklinik Padua 1898/99 ließ sich Rothschild in Soden als Badearzt und praktizierender Arzt nieder. Anfangs betrieb zudem eine Kurpension, ab 1904 praktizierte und wohnte er in einer von ihm erbauten, bis heute bestens erhaltenen Jugendstilvilla (Königsteiner Straße 86), 1908 ergänzt mit einem Gartenhaus, das ein Röntgen-Laboratorium beherbergte. Zu Beginn seiner Sodener Zeit war der Lungenfacharzt jüdischer Herkunft zudem Assistent der Israelitischen Kuranstalt, zeitweise Mitglied des örtlichen Ärztevereins, von 1903 bis 1912 Mitglied des Gemeinderats und des Schöffengerichts. 1908 gehörte er zu den Gründern eines „Comités“, das sich die Verbesserung der örtlichen Eisenbahninfrastruktur zur Aufgabe gemacht hatte. Mit Vorträgen, die er im ganzen Deutschen Reich auf Kongressen hielt, und mit Fachpublikationen warb er für Soden als Kurort.

1912 heiratete er und wohlhabende Frankfurter Jüdin Stefanie Abeles. Aus der Ehe gingen drei Kinder hervor: Lilot, Max und Hans. Als landsturmpflichtiger Soldat war Rothschild während des Ersten Weltkriegs u.a. Leitender Arzt des Reserve-Teillazaretts (mit Beobachtungsstation für lungenkranke Soldaten) im „Kurhaus Kronthal“ bei Cronthal im Taunus. Nach der Eheschließung verlagerte sich der Lebensmittelpunkt der Familie allmählich nach Frankfurt, wo er schon 1911 als „consultierender Arzt“ nachgewiesen ist. Bis 1919 praktizierte und lebte er in beiden Städten, ab 1920 ausschließlich in Frankfurt, in der Villa Bockenheimer Landstraße 124.

Vorsitzender des FSV Frankfurt

In der Mainmetropole war Rothschild Mitglied in der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft und im Beirat des städtischen Komitees zur Bekämpfung der Tuberkulose. Rothschild war leidenschaftlicher Kunstsammler. Mit süddeutscher Sakralkunst der Barockzeit inszenierte er in seiner Frankfurter Stadtvilla seinen Status als Mitglied des Großbürgertums. Hohe gesellschaftliche Anerkennung erwarb er sich zudem 1925 bis 1928 als Vorsitzender und „Ehrenvorsitzender“ des FSV Frankfurt, ein Vorortverein in Frankfurt-Bornheim, dem er zu einem rasanten Aufstieg verhalf. Deutschlandweites Aufsehen erregte Rothschild, indem er die in den 1920er Jahren aufkommende Bewegung für Berufsfußball unterstützte und das vom Deutschen Fußball-Bund noch Jahrzehnte später verteidigte Amateurdogma bekämpfte.

Nach der Machteroberung der Nationalsozialisten gestalteten sich die Lebensumstände zunehmend schwierig. Durch Emigration brachten sich die Kinder von Stefanie und David Rothschild in Sicherheit. Der „Bornheimer Doktor“, wie ihn die Medien nannten, starb am 7. August 1936 bei einem Besuch seiner Tochter in Stockholm an einem Herzinfarkt und wurde am 12. August auf dem Jüdischen Friedhof Stockholm beigesetzt. Die Nachkommen der Rothschild-Kinder Lilot, Max und Hans leben heute rund um den Globus zerstreut, u.a. in Schweden, Finnland, Kanada, USA, Thailand und Israel.

Literatur: Markwart Herzog, „Goldene Jahre“ im „Fußballerparadies“ am Bornheimer Hang. Die Professionalisierung des FSV Frankfurt unter der Leitung von Unternehmern jüdischer Herkunft 1925–1933, in: Markwart Herzog / Peter Fassl (Hrsg.), Sportler jüdischer Herkunft in Süddeutschland, Stuttgart: Kohlhammer, 2021, 113–190.